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Die Drehleier (auch: Radleier) ist ein Streichinstrument, bei dem die Saiten
von einem eingebauten Rad angestrichen werden,
das mittels einer Kurbel
gedreht wird. Die schwingende Länge einer oder mehrerer Melodiesaiten
wird mechanisch über Tasten verkürzt, um die Tonhöhe zu verändern.
Meist klingen eine oder mehrere Bordunsaiten auf konstanter Tonhöhe mit.
Die Drehleier wird daher wie die Sackpfeife zu den Borduninstrumenten
gezählt. Zum Erzeugen von rhythmischen Schnarrlauten dient oft ein
Schnarrsteg.
Die in Museen erhaltenen böhmischen Instrumente haben keine Bordunsaiten,
die traditionellen Instrumente aus Galizien (in Nordwestspanien) keinen
Schnarrsteg.
Die Drehleier wird unter anderem in der traditionellen Musik, der
Alten Musik, im Jazz, Industrial, in der Rockmusik und in der
Neuen Musik verwendet.
Mechanismus der Verkürzung der Melodie-Saiten,
Drehleier mit Spänekorpus, J. Grandchamps, 1980 Jede Taste sitzt auf einer Schiebe-Stange mit rechteckigem Querschnitt.
Die Schiebe-Stangen werden durch entsprechende Löcher quer durch zwei
parallele Brettchen (Tangenten-Kasten genannt) geführt. Diese Brettchen
sind so am Instrument befestigt, dass die Melodie-Saiten parallel
zwischen ihnen verlaufen und damit die Schiebe-Stangen quer zu den
Melodie-Saiten.
Auf den Schiebe-Stangen ist für jede Melodie-Saite ein "Bund" befestigt.
Beim Drücken einer Taste werden die entsprechenden "Bünde" gegen die
Melodie-Saiten gedrückt und dadurch die schwingende Länge aller Saiten
zugleich verkürzt. Die "Bünde" einer Drehleier werden auch als Tangenten
bezeichnet, weil sie die Saiten "tangieren"(berühren), oder als "Fähnchen",
wegen ihrer traditionellen Form.
Das Zurückfallen der Tasten in die Ausgangsstellung erfolgt durch die Schwerkraft.
Die "Bünde" sind zum exakten Stimmen meist beweglich.
Gelegentlich finden sich von diesem Grundmodell abweichende
Mechanismen, bei denen etwa das Zurückfallen der Tasten durch
Federkraft erreicht wird, auch gibt es einen Mechanismus bei
dem die "Bünde" auf rotierenden Scheiben befestigt sind.
Bauformen Durch die Zeiten und Regionen findet sich eine große Vielfalt an Bauformen.
Eine allgemeine Standardisierung ist nicht feststellbar,
jedoch lassen sich einige Typen eingrenzen.
Alto-Drehleier Dieses moderne Instrument wurde seit den Achtzigerjahren nach den
Bedürfnissen von Drehleierspielern entwickelt, die die Drehleier
in modernem musikalischem Kontext verwenden. Das besondere Augenmerk
liegt dabei auf der Erweiterung der klanglichen Vielfalt.
Bekannte Musiker, die besonders an der Entwicklung dieser
Instrumente mitgewirkt haben, sind Valentin Clastrier,
Gilles Chabenat und Matthias Loibner.
Die Bezeichnung leitet sich vom erweiterten Tonumfang
dieser Instrumente her, von �Alto� (französisch für Bratsche).
Diese Instrumente haben meist einen tieferen Klang, insgesamt
mehr Tonumfang der Tastatur, bis zu drei Oktaven,
mehr Saiten � bis zu 27, unter Verwendung der verschiedenen
Saiten dann bis zu viereinhalb Oktaven Tonumfang,
eingebaute Vorverstärkersysteme.
Wichtige Instrumentenbauer für die Entwicklung dieses
Typs sind Denis Siorat, Robert Mandel, Philippe Mousnier
und Wolfgang Weichselbaumer.
Bauformen aus Frankreich Drehleier mit Korpus in Gitarrenform von Pierre Louvet,
Paris 18. Jahrhundert Drehleier mit Spänekorpus, Pajot (Père),
Jenzat 1859
Für die Drehleier, franz.Vielle à Roue (wörtlich Rad-Fidel),
gibt es heute in Frankreich eine starke Tradition,
insbesondere in der Region Centre. Seine Form mit einem Korpus
aus Spänen, ähnlich der Laute, erhielt dieses Instrument von
höfischen Instrumentenbauern zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts.
Als namentlich bekannte Instrumentenbauer dieser Periode,
welche diese feiner klingenden Instrumente bauten, sind
Henri Bâton aus Versailles, die aus der Normandie stammenden
Brüder Pierre Louvet (* 1709, � 1784) und Jean Louvet (* 1718, � 1793)
sowie Jean-Nicolas Lambert (* 1708 in Épinal, � 1759 in Paris)
und Nicolas Colson, (* 1785 in Mirecourt) zu nennen.
Neben den Instrumenten mit Spänekorpus wurden auch Instrumente
mit gitarren-förmigem Korpus gebaut.
Im neunzehnten Jahrhundert passte sich das Instrument mehr und
mehr dem Gebrauch in der dörflichen Musik an und wurde robuster.
Die Instrumente aus dieser Zeit, etwa von Pimpard oder Pajot aus
Jenzat in der Auvergne gleichen den heute gebauten. Für die
Bretagne bauten die Instrumentenbauer aus dem Centre Drehleiern
mit einem größeren taillierten Zargen-Korpus.
Bauformen aus Ungarn zwei Tekerõlant, Bela Szerenyi, Budapest, Ende des 20. Jahrhunderts
Die Drehleier, auf Ungarisch �Tekero"lant�[1] (oder Tekero"),
hat einen großen taillierten Zargen-Korpus und die Besonderheit,
dass Melodie-, Schnarr- und Bordunsaiten innerhalb des
Tangentenkastens, der die Tastatur aufnimmt, verlaufen.
Dieses Instrument hat ein Schnarrsystem, das anders als bei den
französischen Instrumenten mit einem Keil justiert wird.
Ein Charakteristikum der ungarischen Drehleier ist das im
Verhältnis zu den französischen Instrumenten kleinere Rad
und die kleinere Kurbel. Dies begünstigt beim Einsatz der
Schnarre (ungarisch recsego") die Erzeugung kurzer akzentuierter
Schnarrtöne, deren Klangcharakter an eine Marschtrommel oder
ein Tamburin erinnern.
Regional ist die ungarische Drehleier in der ungarischen
Volksmusik der Gebiete um Szentes und Csongrád sowie im Gebiet
der Donau südlich von Budapest beheimatet. Die ersten
schriftlichen Hinweise auf Drehleiern in Ungarn finden sich
im XVI. Jahrhundert, die ältesten ungarischen Abbildungen
des Instrumentes stammen aus der Zeit der Kuruzenkriege Ende
des 17. Jahrhunderts. Im Zuge der �Renaissance der Drehleier�,
die in Ungarn im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts einsetzte,
haben ungarische Instrumentenerzeuger die Bauweise von noch
lebenden Volksmusikern gelernt und übernommen, so dass Ungarn,
ähnlich wie Frankreich, eine durchgehende Tradition des
Drehleierbaus und -spiels aufweist. Häufig sind in der
Volksmusik Drehleierspieler im Duett mit Klarinettisten
überliefert, wobei die Klarinette den Melodiepart und die
Leier die Funktion eines Begleitinstrumentes übernahm.
Historische Abbildungen von Drehleiern aus Süd- und
Ostösterreich weisen bauliche Ähnlichkeiten zu den
ungarischen Instrumenten auf.
�Böhmischer� Typus In tschechischen Museen sind mehrfach Instrumente erhalten,
die keine Bordunsaiten und somit auch keine Schnarrsaite
haben. Weitere Merkmale sind: Resonanzsaiten die durch
den Tangentenkasten geführt sind, zylindrische Stege für
die einzelnen Melodiesaiten, damit einhergehend für je
eine Melodiesaite plus Resonanzsaiten ein eigener Saitenhalter,
eine besondere Anordnung der Tangenten/Bünde die es erlaubt,
anders als bei anderen Drehleiern, mit einer Tastatur zwei
Melodiesaiten in wechselnden Zweiklängen abzugreifen sowie
meist ein Hebel zum Aushängen einer Melodiesaite.
Bauformen aus Polen und der Ukraine Diese Instrumente aus Osteuropa, Polen, der Ukraine,
Weißrussland und Russland haben einen geigenförmigen
Korpus, meist ein sehr kleines Rad und gelegentlich
eine besondere Tastatur mit Knöpfen.
Gotische Drehleier Unter diesem Begriff wird eine Vielfalt von
Instrumentenformen von heutigen Instrumentenbauern angeboten.
Man versteht darunter meist Instrumente, deren Korpusform nach
historischen Abbildungen aus der Zeit vom Beginn der Neuzeit
bis etwa 1650 geformt ist. Es gibt sehr genaue Nachbauten nach
einzelnen historischen Abbildungen, etwa nach dem Instrument,
das auf dem Bild Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch
dargestellt ist, aber auch rein spekulative Neuschöpfungen
für die Verwendung auf Mittelaltermärkten.
Lira Organizzata, Vielle Organisée oder Orgelleier Die Orgelleier ist eigentlich ein selbständiges Instrument,
das aus einer Drehleier kombiniert mit einer kleinen Orgel
besteht. Durch die Drehleier-Tastatur wird auch die Mechanik
der Orgelventile gesteuert und mit der Kurbel das Windsystem
betrieben. Im achtzehnten Jahrhundert wurden dafür unter
anderem von Joseph Haydn und Ignaz Pleyel Kompositionen geschrieben.
Organistrum, Steinskulptur, Kathedrale von Santiago de
Compostela, 1188
Organistrum Die älteste nachgewiesene Form ist das Organistrum.
Die frühesten bekannten Darstellungen stammen aus dem
12. Jahrhundert (Bröcker, 1977, Seite 43.Ein Instrument
für zwei Spieler, wobei einer die Saiten verkürzt und der
andere die Kurbel bedient. Das Organistrum ist nur aus
Abbildungen und Plastiken bekannt, unser Wissen über den
Mechanismus der Saitenverkürzung, die Stimmung und andere
bauliche Details gründet auf Indizien. Das Organistrum wurde
in der Kirchenmusik verwendet.
Kastenleier (lat. Sinfonia) Auch diese Form ist bereits aus mittelalterlichen
Darstellungen belegt. Das Instrument hat die Form einer
länglichen Kiste, nur die Tastatur und die Kurbel stehen vor.
Die Tastatur der Kastenleier dürfte im Original dorisch
gewesen sein. Die frühesten Abbildungen stammen aus dem
13. Jahrhundert (Bröcker, 1977, Abbildung 35). Wie beim
Organistrum beruhen alle heutigen Nachbauten auf Texten und
Abbildungen und daraus abgeleiteten Folgerungen. Es ist kein
historisches Instrument erhalten.
Geschichte Als Organistrum ist die Drehleier in Texten
ab dem zehnten Jahrhundert belegt. Die frühesten bekannten
Darstellungen stammen aus dem zwölften Jahrhundert.
Eine bedeutende Veränderung erfährt die Drehleier ausgehend
von Frankreich im achtzehnten Jahrhundert. Es entstehen
während einer nicht all zu langen Zeitspanne viele
kammermusikalische Werke für �ländliche� Instrumente, unter
ihnen die Drehleier. Das Instrument wird für den Gebrauch in
der höfischen (Kammer-)Musik adaptiert und Bauformen mit
lautenähnlichem Spänekorpus sowie mit Orgelregistern entwickelt.
Viele technische Grundlagen der heute verwendeten Instrumente
gehen auf diese Zeit zurück.
Bis ins 19. Jahrhundert ist die Drehleier in vielen Ländern Europas
dokumentiert. Heute ist sie in Zentralfrankreich, Nordwestspanien
und Ungarn als traditionelles Musikinstrument verbreitet, in vielen
Regionen Europas erlebt sie eine Renaissance. Das Instrument hat
heute vermutlich eine größere Verbreitung als zu jeder anderen Zeit.
Die Namen der Drehleier Die modernen Bezeichnungen Drehleier und seltener,
meist in wissenschaftlichen Texten, Radleier leiten sich ab von
griechisch, Lyra, althochdeutsch und ital. Lira. Der Präfix
Dreh- (von drehen) beziehungsweise Rad- bezieht sich auf das vom
Spieler gedrehte Streichrad.
In den historischen Quellen gibt es verschiedene weitere Bezeichnungen:
Nur in mittelalterlichen Texten findet sich Symphonie
(Bröcker, 1977, Seite 229), Als Lyra mendicorum verzeichnet
sie Athanasius Kircher in seiner Musurgia Universalis
(Iconismus VIII fol. 487). In historischen Quellen findet sich
Drehleier meist auf Leyer oder Leier verkürzt
(Bröcker, 1977, Seite 229 - 233). Auch die Form Lira kommt vor,
etwa in Bezeichnungen von Stimmen für Drehleier in musikalischen
Werken (Neue Mozart Ausgabe online, KV 602/3, Trio). Eine
Unterscheidung zwischen dem antiken Zupfinstrument Leier,
dem südosteuropäischen Streichinstrument Lyra und der eigentlichen
Drehleier ist nur aus dem Kontext möglich
(Grimm - online: Leier, 1a und 1b). Gleiches gilt für den Begriff
Leierkasten. Der Grund ist, dass nach der Drehvorrichtung der
Drehleier verschiedene Geräte mit einer gleichartigen Kurbel als
Leier bezeichnet wurden (Grimm - online: Leier, 4), darunter auch
kleine tragbare mechanische Musikwerke die mit einer Leier
betrieben werden: ein Kasten mit Leier, also Leierkasten.
Auch Namen wie Bawren Lyren (Bauernleier) (Praetorius, 1620, Tafel XXII)
bzw. Bettelleier wurden benutzt, nicht zuletzt um eine Unterscheidung
zwischen der antiken �Leier� und der Dreh-�Leier� zu treffen.
(Quelle: Wikipedia)
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