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Minnesang

 
Vorgeschichte
Bis zum 8. Jh. war die Europäische Literatur des Mittelalters in lateinischer Sprache
geschrieben und überwiegend durch geistliche Themen bestimmt. Die meisten Werke
standen in der Tradition der antiken Literatur. Erst ab dem 8.Jh. sind vereinzelt auch
Aufzeichnungen in deutscher Sprache aufgetreten, jedoch blieb das Latein
dominierende Literatursprache, da die Schreibkunst ein Privileg des Klerus war.

Erst mit dem Beginn der Stauferzeit (Barbarossa 1152) setzte in Deutschland ein
Wandel ein und es entstanden zunehmend Texte in mittelhochdeutscher Sprache.
Nun fanden auch weltliche Thematiken Einzug in die Literatur. Impulse für das Aufkom-
men der volksprachlichen Dichtung war die bereits ein halbes Jahrhundert früher
entstandene Trobadorlyrik in Südfrankreich. Diese wiederum ist wahrscheinlich durch
die arabische Literatur beeinflußt worden, welche die Europäer im Zuge des ersten
Kreuzzuges kennengelernt hatten. In Anlehnung an Günther Schweikle kann man den
Minnesang in sechs Phasen einteilen, ich werde aber im folgenden nur auf die
ersten vier, die wichtigsten eingehen und die beiden Spätphasen in einem
Punkte abhandeln. Die Einteilung in Phasen dient nur der groben Aufgliederung,
im einzelnen können sich die Phasen mehr oder minder stark überschneiden,
da eine klare Abgrenzung nicht möglich ist. Ferner werde ich hierbei gelegentlich
auch formale und thematische Besonderheiten erläutern.


Frühphase (1150-1170)
Die erste Phase wird auch donauländischer Minnesang genannt, da die meisten
Vertreter dieser Phase aus der Donauregion stammten. Es sind hier zu nennen:
Meinloh von Sevelingen, Burggraf von Regensburg sowie Der von Kürenberg.
Kennzeichnend für die Frühphase ist u.a.:

- Überwiegend einstrophige Lieder
- Langzeilenstrophen, teilweise mit eingeschobener reimloser Kurzzeile sog. Steg-
strophen
- Häufige Verwendung von Halbreimen (z.B. was:sach; hemede:edele). Der Vollreim
war noch nicht die Norm.
- Paareim (aabb...)

Sowie thematische Kennzeichen:
- Grundthemen sind Werbung, Sehnsucht, Scheiden, Fremdsein und Verzicht.
- zweipolige Werbelyrik. D.h. dass in den frühen Sängen ein Dialog zwischen dem
Werbenden und der Umworbenen stattfand.


Erste Hochphase, sog. Rheinischer Minnesang (1170-1200)
Den Kern bilden hier Dichter, die am Oberrhein ansässig waren. So macht sich auch
die geographische Nähe zu Frankreich durch bestimmte formale und motivliche
Einflüsse aus der Trobador und Trouvèrelyrik bemerkbar, insbesondere bei Friedrich
von Hausen, welcher als ein früher Vertreter des rheinischen Minnesangs gilt. Weiter
Autoren sind Bligger von Steinnach, Bernger von Horheim sowie Rudolf von Fenis. Die
meisten dieser Dichter gehörten wahrscheinlich zum weiteren oder engeren Kreis des
Stauferhofes. Kennzeichen des rheinischen Minnesangs:
- Mehrsprophigkeit (die Einstrophigkeit tritt zurück)
- Stollenstrophe oder Kanzonenform, neben isometrischen Strophenformen

Die Grundstruktur der Stollenstrophe ist eine prinzipielle Zweiteilung in Aufgesang und
Abgesang. Der Aufgesang besteht aus zwei metrisch gleichgebauten (isometrischen)
Teilen. Der Abgesang ist dagegen metrisch davon in der Regel unabhängig und frei
kombinierbar.
Thematisch wird die Dienstminne zur Hohen Minne ausgestaltet. In den Liedern der
Dienstminne steht die Bitte um Annahme eines Dienstes, den der Werbende der
Umworbene leisten möchte im Mittelpunkt. Meist bleibt unklar, wie dieser Dienst
im einzelnen aussieht, entscheidend dabei ist, daß das männliche lyrische Ich sich
durch diese Bitte der frouwe unterordnet. Der Hohe Minne, auf die ich später noch
näher eingehen werde, greift das Dienstangebot aber auch andere Formen der
Werbung auf und konstruiert so eine totale Unterwerfung des Edelmannes. Die
frouwe wird aufgrund ihrer vielbeschworenen guten Eigenschaften wie Schönheit,
Klugheit, Güte zu einer ethisch dominierenden Person entrückt.
Sowohl der Werbende als auch die Umworbene sind Teil der höfischen Gesellschaft.
Desweiteren werden im rheinischen Minnesang Minne- und Kreuzugthematik kom-
biniert. Typische Gattungen sind die Hohe-Minne-Klage sowie das Kreuzlied. In
der Hohe-Minne-Klage steht die Werbung und mit ihr die Erkenntnis über die
Vergeblichkeit des Werbens im Vordergrund. Emotionen und Wunschvorstellungen
werden durch das lyrische Ich kundgetan. Beklagt werden die Schwierigkeiten mit
der meist anonym bleibender Umworbenen Kontakt aufzunehmen und ihre Ab-
weisungen.
Im Kreuzlied oder Kreuzugslied hingegen wird die fiktionale Minnethematik mit einem
realhistorischen Kreuzugsmotiv verbunden. Sie schließen sich der generellen
Leidthematik des Minnesangs an und sind zumeist gestaltet als Abschiedsklagen.
Im Mittelpunkt steht der Entscheidungskonflikt zwischen Minnedienst und Gottesdienst.


Zweite Hochphase (1190-1220)
Die dritte Phase wird repräsentiert durch Heinrich von Morungen, Reinmar und
Hartmann von Aue. Alle drei hatten ebenfalls Beziehungen zum Stauferhof. In
dieser Phase spaltet sich das mehr oder minder einheitliche Erscheinungsbild
des Minnesangs auf. Jeder Dichter bringt eine unverwechselbare Individualität
zutage u.a. durch sein jeweils einmaliges dichterisches Potential. So ist ein
Kennzeichen der zweiten Hochphase eine individuell vielfältige Weiterentwicklung
des im rheinischen Minnesang erreichten Formstatus mit Stollenstrophe und reinem
Reim (Vollreim) sowie inhaltlich die Hohe Minne.


Höhepunkt und Überwindung (1190-1230)
Die vierte Phase wird dominiert von dem bedeutensten deutschen Lyriker des
Mittelalters, Walther von der Vogelweide. Weitere Vertreter sind der bedeutendste
Epiker Wolfram von Eschenbach mit seinem kleinen aber gewichtigen lyrischem
Werk und wahrscheinlich Gottfried von Straßburg.
Auch diese Dichter hatten Beziehungen zum Stauferhof. Walter von der Vogelweide
vollendet den Hohen Minnesang und überwindet ihn zugleich durch kritische
Reflexion des Minnesangs und der Minne. Er dichtete sowohl Hohen als auch
Niederen Minnesang und schrieb parodistische Umdichtungen von Liedern Reinmars,
Heinrichs von Morungen und Hartmanns von Aue, außerdem Naturlieder und
Minnesprüche. Naturlieder sind thematisch meist durch Jahreszeitenbezüge be-
stimmt und werden oft metaphorisch für den Gemütszustand des lyrischen Ichs
eingesetzt. Minnesprüche sind einstrophige Spruchdichtungen mit Minnethematik.


Die Spätphasen (1210-1300)
Im weiteren wird die Hohe Minne durch den originellen Dichter Neidhart von
Reuental persifliert und parodiert. Er schuf den antihöfischen Minnesang (sog.
Gegensang) und karikiert die höfische Hohe Minne in seiner sog. Dörperlyrik,
in welcher die Liebesgeschichte in einfache, dörfliche Umgebung getragen wird. Der
Protagonist, ein Edelmann, wird nun von Frauen niederen Standes umworben und
muß sich oftmals mit geringem Erfolg mit bäuerlichen Nebenbuhlern abplagen. Der
edle Ritter wird zu einer tragisch-komischen Figur entrückt. Neidharts teilweise
deftige Sprache sowie die offenere Darstellung des Sexuellen verstärken den
Widerspruch zum Hohen Minnesang. Nach Neidhart gibt es keine wesentlichen
Neuerungen mehr. Vielmehr beherrschen die Dichter die Vielzahl der in den früheren
Phasen entwickelten formalen und poetischen Mittel und legen mit Hilfe von
Kombination und Neuakzentuierung der thematischen und motivlichen begrenzten
Mittel eine erstaunliche Vielfalt zutage. Es zählen ca. 90 Vertreter zur Spätphase
u.a. Hadloub und Konrad von Würzburg.

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